Warum sich ein Sehnenschaden meist jahrelang ankündigt … 

Alexandra Feix Blog Sehne2 Quad

Bei mir im Stall hat sich leider ein Pferd an der Sehne verletzt. Die nette und engagierte Besitzerin steht unter Schock. „Gestern war beim Reiten noch alles in Ordnung, heute in der Reitstunde fing er plötzlich massiv an zu lahmen und stand dann auf drei Beinen da“, erzählt sie mir ganz verzweifelt. Wow, das braucht wirklich niemand. Doch mal Hand aufs Herz, ich glaube nicht an die plötzlichen Verletzungen nach dem Rumbocken oder „was-die-wieder-auf-der-Koppel-rumgerast-sind-war-ja-klar-“ Sehnenschäden. Die gibt es zweifelsohne, sind aber meiner Erfahrung nach nicht die Regel. Der größte Anteil an Verletzungen dieser Art sind Überlastungen, die sich über Jahre entwickelt haben. Und dann plötzlich „da“ sind. Doch woran kann ich denn erkennen, welches Bein eventuell gefährdet ist? Und warum haben so viele Pferde an ihrem linken Vorderbein Verletzungen der Beugesehnen?

In der Schiefe des Pferdes liegt die Ursache…

Die meisten Pferde sind nach links schief, also rechts hohl. Häh? Sorry, die Erklärung war etwas kurz 😉: die meisten Pferde haben ihr Standbein vorne links und schieben mit dem rechten Hinterbein diagonal vermehrt auf dieses Vorderbein. Dabei tritt das rechte Hinterbein nicht gerade unter den Körper nach vorne, sondern – bei ausgeprägter Schiefe besonders auffällig – sogar außen an der Spur des Vorderfußes vorbei. Und nimmt daher weniger Last auf als das linke Hinterbein.

Okay, Sehnenschäden kündigen sich also meistens an. Doch die Frage aller Fragen ist nun: wie finde ich denn jetzt heraus, in welche Richtung und wie stark ausgeprägt mein Pferd schief ist, um Überbelastungen auf einem bestimmten Bein zu vermeiden? Hierzu einige Möglichkeiten:

Vom Boden:

  • Stellt euch vor euer Pferd und betrachtet die Größe seiner Hufe. Diese sind in vielen Fällen unterschiedlich groß. Das Bein mit dem größeren oder platteren Huf ist das Standbein (logisch, denn da ist ja auch das meiste Gewicht drauf). Meist ist es das Linke.
  • Die meisten Pferde stellen ihr Standbein nach vorne raus und stehen in den Vorderbeinen die meiste Zeit versetzt, also nicht geschlossen.
  • Stellt euch leicht erhöht hinter euer Pferd und vergleicht die Größe der Schulterblätter. Oder macht mit der Handykamera von oben-hinten ein Bild seines Widerrists, seiner Schultern und Rückenlinie. Welche Seite ist prominenter? Bei den meisten der mir bekannten Pferde ist es die linke Schulter. Und damit habt ihr das Standbein herausgefunden.
  • Lasst euer Pferd im Schritt von jemandem von euch wegführen. Beobachtet nun von hinten die Bewegung der Vorder- und Hinterbeine (bitte mit ausreichendem (Sicherheits-!) Abstand 😉 von 2-3 Pferdelängen). Treten die Hinterbeine wirklich gerade in die Spur der Vorderbeine? Oder setzt eines vielleicht außen (manchmal auch innen) an der Spur des gleichseitigen Vorderbeins vorbei? Wenn das so ist – in unserem Beispiel siehst du das rechte Hinterbein außen am rechten Vorderbein aufsetzen – dann werden die Hinter- und natürlich auch die Vorderbeine entsprechend ungleich belastet.

Beim Reiten:

  • Der Zirkel auf der rechten Hand wird bei rechts hohlen Pferden in der Regel viel größer, da sie weiterhin auf ihre linke – hier äußere – Schulter fallen. Umgekehrt ist es auf der linken Hand, wenn das Standbein innen ist. Da wird der Zirkel oft nach innen abgekürzt.
  • Dein Sattel rutscht oft nach rechts runter, da das rechte Hinterbein nicht gerade nach vorne tritt. Und man hat meist das Gefühl, dass der linke Bügel zu kurz ist.

Hab ich euch nun hinreichend verwirrt? Dann genug von Anatomie und Biomechanik. Kurz gesagt, das linke Vorderbein wird in diesen Fällen dauerhaft mehr belastet als das rechte. Wenn wir ständig auf dem gleichen Bein hüpfen, dann lässt der Meniskus ja auch bald grüßen. So ist es auch bei unseren Pferden. Und den sich hieraus ergebenden Sehnenverletzungen (oder Fesselgelenksentzündungen, Fesselträgerverletzungen, Hufgelenksarthrosen…).

Und was mache ich jetzt mit meinem Wissen?

Okay, ich kenne jetzt das Standbein meines Pferdes. Und weiß, wie schief es ist (sehr ungleiche Vorderhufe, Hinterbein fußt außen am Vorderbein vorbei). Und jetzt? Erst mal nichts weiter. Die ungleiche Belastung der Pferdebeine ist ja grundsätzlich nichts Schlimmes, da es ja durch Training – geraderichtende Arbeit – entsprechend muskulär stabilisiert werden kann. Hat dein Pferd jedoch stark unterschiedliche Vorderhufe oder macht sich extrem schief im Körper, dann besteht meines Erachtens mehr Handlungsbedarf als bei einem von Natur aus „geraderen“ Pferd.

Kurze Anmerkung: links hohle Pferde haben ihr Standbein vorne rechts, hier gilt das oben Genannte einfach umgekehrt.

In einem meiner nächsten Blogs zeige ich auf, was erste Anzeichen von Überlastungen sind und wir ihr diese herausfinden könnt.

04. April 2023

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